Korrespondenzen 1948
Walter Kirchners mit Frankfurter Kunstkabinett und Kulturamt Aschaffenburg

Auf dieser Tafel sind einige Schriftstücke aus der Korrespondenz Walter Kirchners, des Bruders Ernst Ludwig Kirchners, wiedergegeben und zwar mit Frau Hanna Bekker vom Rath, der Galeristin des Frankfurter Kunstkabinetts und dem Kulturamt Aschaffenburg. Dabei sind hervorzuheben:

9. Februar, Brief Walter Kirchners an Hanna Bekker vom Rath. Er weist darauf hin, dass sein Bruder 1,80 groß und schlank war. Er beklagt, dass in Frankfurt nur fünf Blätter aus seiner Sammlung gezeigt werden konnten und will mehr über die »Sammlung Hagemann« erfahren1. Walter Kirchner plant in Berlin eine Gedächtnisausstellung für seinen Bruder.

11. Februar, Telegramm. Walter Kirchner stimmt dem Verkauf des Blattes K 166 zu. Es handelt sich um das Motiv Badende Frauen zwischen weißen Steinen. Als Gegenleistung sollten drei CARE-Pakete geliefert werden. Das waren von der CARE-Organisation in den USA zusammengestellte Pakete zur Linderung der Not im Nachkriegsdeutschland. Sie konnten gegen Devisen in Auftrag gegeben werden. Vom Inhalt eines Pakets sollte eine Familie sich einen Monat lang ernähren können. 1948 betrug der Preis für ein CARE-Paket 53,32 CFR.

2. März, Heiner Ruths nimmt im Frankfurter Kunstkabinett 34 Grafik-Blätter von Ernst Ludwig Kirchner in Empfang. Links sind die Nummern genannt, nach denen Walter Kirchner seinen Bestand geordnet hatte. Es folgen Titel und Technik, zuletzt eine Richtzahl, die der Bewertung der Blätter diente. Für den Verkauf an das Frankfurter Kunstkabinett war die Zahl mit dem Faktor 10 zu multiplizieren. In roter Farbe durchgestrichene Zahlen bedeuten, dass der Titel unverkäuflich ist. Dazu gehört wieder Blatt K 166, Badende Frauen zwischen weißen Steinen.

10. April, das Frankfurter Kunstkabinett hat drei Kirchner-Grafiken verkauft:

K 029 Mädchenakt, Richtzahl 85 x 10 = RM 850,–
K 098 Weiblicher Akt, Richtzahl 60 x 10 = RM 600,–
K 123 Tänzerin Palucca, Richtzahl 120 x 10 = RM 1200,–

Walter Kirchner hatte eine Liste seiner Grafik-Blätter angelegt. Nach der Übergabeliste für Aschaffenburg vom 2. März musste sie mehr als 338 Blätter umfasst haben. Weder die Registerfolge noch die Bewertung nach Richtzahl folgen einem erkennbaren Schema.

Zu Walter Kirchners Bestätigungsstempel (nicht auf Tafel 7)

Bei Günther Gercken, einem der Standardwerke zur Kirchner-Graphik, findet sich im Vorspann der Bände ein Verzeichnis von Nachlassstempeln, darunter auch der Bestätigungsstempel des Bruders Walter Kirchner mit folgendem Text: »Diese Graphik Katalog K Nr. 100 ist eine Originalarbeit meines Bruders Ernst Ludwig Kirchner. Dipl. Ing. Walter Kirchner, Berlin-Grünau, den 22. August 1947«2.

Unsere Kabinett-Ausstellung zeigt als einziges Original die Lithographie »Mädchen mit Hut«. Dieses Blatt stellte uns ein Sammler (Privatsammlung Deutschland) leihweise zur Verfügung. Mit Zustimmung des Leihgebers wurde am 29. April von einer Restauratorin der Rahmen der Lithographie geöffnet und festgestellt, dass das »Mädchen mit Hut« auf der Rückseite unten links den Bestätigungsstempel Walter Kirchners trägt mit folgendem Text:

Diese Graphik Katalog K Nr. 109 ist eine Originalarbeit meines Bruders Ernst
Ludwig Kirchner. Dipl. Ing. Walter Kirchner, Berlin-Grünau, 1. 1. 1948«.

Der Stempel auf der Rückseite beweist, dass diese Lithographie in der Kirchner- Ausstellung 1948 gezeigt wurde. Zusammen mit den anderen 33 Blättern der Aschaffenburger Ausstellung ging sie dann zur Galerie Dr. Werner Rusche in Köln, wo sie im Juli 1948 vermutlich ausgestellt wurde. Welche Kirchner-Grafiken Rusche verkaufte, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. Das Historische Archiv der Stadt Köln bewahrt außer der auf dieser Tafel gezeigten Postkarte keine Archivalien über diese Ausstellung.


1, Dr. Carl Hagemann (1867-1940) lebte zu dieser Zeit nicht mehr. Lt. Wikipedia gingen die Graphik und die Zeichnungen seiner Sammlung als Geschenk an das Städel, Frankfurt. Aus der »Sammlung Hagemann« hatte das Frankfurter Kunstkabinett 42 Blätter ausgestellt, wie ein Faltblatt zu dieser Ausstellung zeigt (Institut für Stadtgeschichte, Frankfurt Sign. W1-69/111).
2, Walter Kirchners Katalog seiner Graphikblätter von E. L. Kirchner konnte nicht nachgewiesen werden. Im Übergabeprotokoll vom 2. 3. 1948 an die Kulturliga (Tafel 7) wird »350, Frauenakt«, als höchste Ziffer genannt. Welche Graphik sich hinter »Katalog Nr. K 100« verbirgt, ist unbekannt.