Das Tier in der Kunst des
Expressionismus
21.09.2024 – 19.01.2025
Kirchners Katzen, Marcs Pferde, Matarés Kühe…
In der Kunst des Expressionismus spielen Tiere eine bedeutende Rolle
So wie das Bild des Menschen in der Kunst der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts einen tiefgreifenden Wandel erfuhr, änderte sich auch der künstlerische Blick auf das Tier. Tiere als autonome Wesen oder Begleiter der Menschen, als Nutztiere oder wilde Exoten wurden zu einem charakteristischen Motiv für die Suche nach dem Ursprünglichen in der Kunst.
Mehr als 50 Werke – Gemälde, Grafiken und Plastiken – von über 20 Kunstschaffenden aus unterschiedlichen Museen und Sammlungen sowie aus Privatbesitz veranschaulichen, wie vielfältig das Tier in der Zeit des Expressionismus künstlerisch dargestellt wurde. Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Max Pechstein, Franz Marc, August Macke, Heinrich Campendonk, Emy Roeder, Ewald Mataré, Philipp Bauknecht und Wilhelm Kohlhoff stehen beispielhaft für die große Anzahl derer, die sich der expressionistischen Tierbildnerei widmeten.
Mit den Mitteln formaler Reduzierung versuchten die Mitglieder der Brücke die Kraft der Tiere, ihre Instinkte und Emotionen sichtbar zu machen. Dagegen stellten die Kunstschaffenden der Künstlergruppe Der Blaue Reiter vor allem Franz Marc, das Tier als beseeltes, dem Menschen ebenbürtiges, wenn nicht sogar überlegenes Wesen dar.
Dass die Künstlerinnen und Künstler dabei auf ältere Vorbilder zurückgriffen – und sei es in ausdrücklicher Opposition dazu – zeigen unter anderem Werke von Emanuel Hegenbarth, Max Slevogt und August Gaul, die noch den Traditionen vorheriger Kunstströmungen, wie dem Impressionismus, verpflichtet sind, aber schon erkennbar den Weg in die Expressivität fortschreiben. Ausgehend von solch divergierenden Vorstellungen, fanden die Kunstschaffenden zu unterschiedlichsten Lösungen. Und so präsentiert die Ausstellung eine erstaunliche Bandbreite an Tierbildern: von brüllenden Löwen über kämpfende Stiere und spielende Ziegen bis hin zu possierlichen Bibern.
Werke der Ausstellung
Ernst Ludwig Kirchner, Tattersall (Zirkusbild), 1909, Farbholzschnitt © Foto: Städel Museum, Frankfurt am Main
Max Burchartz, Magd mit Kuh, 1920, Aquarell © VG Bild-Kunst, Bonn 2024; Foto: Bernd Fickert, Museum Wiesbaden
Franz Marc, Schöpfungsgeschichte II, 1914, Farbholzschnitt © Foto: Fotostudio Hesse, Aschaffenburg
Franz Marc, Ruhende Pferde, 1911/12, Farbholzschnitt © Foto: Georgios Michaloudis, farbanalyse Köln 2024
Erich Heckel, Weiße Pferde im Sturm, 1912, Farbholzschnitt © VG Bild-Kunst, Bonn 2024; Foto: Städel Museum Frankfurt am Main
Karl Schmidt-Rottluff, Katzen I, 1914, Holzschnitt© VG Bild-Kunst, Bonn 2024; Foto: Städel Museum Frankfurt am Main
August Gaul, Bibergruppe, 1908, Bronze (teilvergoldet)
© Foto: Kai Jakob, Städtische Museen Hanau
Heinrich Campendonk, Kind mit Katze, 1912, Tusche auf Papier © VG Bild-Kunst, Bonn 2024; Foto: Sammlung Frank Brabant, Wiesbaden
Biografien
Philipp Bauknecht
Barcelona 1884–1933 Davos Dorf
Philipp Bauknecht besucht von 1902 bis 1907 die Schreinerfachschule in Nürnberg und studiert danach an der Stuttgarter Kunstgewerbeschule Innenarchitektur. 1910 zieht er wegen einer Tuberkulose-Erkrankung nach Davos. Er setzt sich mit Malerei, Radierung und Holzschnitt auseinander und lernt den Schriftsteller Alfred Georg Hermann Henschke, genannt Klabund, und den Kunsthistoriker Erwin Poeschel kennen. 1919 trifft er auf den inzwischen ebenfalls in Davos lebenden Ernst Ludwig Kirchner, und für einige Jahre tauschen sie sich regelmäßig künstlerisch aus. Ende der 1920er Jahre erkrankt Bauknecht erneut schwer; er stirbt 1933 im Spital von Davos.
Max Beckmann
Leipzig 1884–1950 New York City
Max Beckmann beginnt 1900 ein Studium an der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule Weimar. In Paris begegnet er 1903/04 der Malerei von Paul Cézanne. 1904/05 zieht Beckmann nach Berlin, wird 1907 Mitglied der Berliner Secession und 1910 in den Vorstand gewählt. 1913 tritt er aus und begründet u.a. mit Max Slevogt und Max Liebermann die Freie Secession. Freiwillig meldet er sich zu Beginn des Ersten Weltkriegs zum Sanitätsdienst. Die traumatisierenden Kriegserlebnisse prägen sein Schaffen nachhaltig. Von den Nationalsozialisten diffamiert, emigriert er 1937 nach Amsterdam und 1947 in die USA. Hier nimmt er auch seine Lehrtätigkeit wieder auf.
Armand Bouten
Venlo 1893–1965 Amsterdam
Armand Bouten besucht die Zeichenschule des Rijks-Instituuts in Amsterdam, wo er anschließend auch selbst unterrichtet. Reisen nach Paris, Berlin, Ost- und Südeuropa beeinflussen seinen Stil. Er nähert sich dem Kubismus und dem Expressionismus an. Zugleich werden seine Bildmotive von sozialen Fragen beeinflusst. Bordell- und Straßenszenen aus dem Amsterdamer Nachtleben entstehen. 1922 findet eine erste Einzelausstellung in Amsterdam statt. 1935 zieht Bouten nach Brüssel, wo er bis 1957 arbeitet. Zu Lebzeiten findet er wenig Anerkennung. Erst Jahrzehnte nach seinem Tod wird Bouten von der Kunstwelt wiederentdeckt.
Anton Bruder
Aussig/Elbe 1898–1983 Glinde
Anton Bruder studiert ab 1917 an den Kunstakademien in Prag und Dresden, wo er u.a. die Tiermalklasse von Emanuel Hegenbarth besucht. Unter dem Einfluss des ebenfalls in Dresden lehrenden Oskar Kokoschka setzt Bruder sich mit dem Expressionismus auseinander. Zurück in Prag, studiert er verschiedene Drucktechniken, arbeitet als Lehrer zuletzt in Znaim (Mähren) und engagiert sich in Künstlergruppen wie der Prager Secession. Über Wien und Tittmining gelangt Bruder nach Ende des Zweiten Weltkriegs nach Aschaffenburg, wo er von 1949 bis 1961 als Kunstlehrer und danach als freier Künstler arbeitet.
Max Burchartz
Elberfeld 1887–1961 Essen
Max Burchartz beginnt 1907 ein Studium an der Kunstakademie in Düsseldorf. Studienaufenthalte führen ihn nach München, Berlin, Paris und Algier. Nach dem Ersten Weltkrieg kommt er in Kontakt mit DADA in Hannover und De Stijl am Weimarer Bauhaus. 1924 gründet Burchartz mit Johannes Canis das Werbebüro werbebau in Bochum und lehrt von 1926 bis 1932 Werbegrafik und Fotografie an der Folkwangschule in Essen. 1933 tritt Burchartz der NSDAP bei und gestaltet Propagandabücher für das Militär. Seine früheren Werke werden dennoch als „entartet“ diffamiert und aus den Museen entfernt. 1949 nimmt er seine Lehrtätigkeit in Essen wieder auf.
Josef Eberz
Limburg/Lahn 1880–1942 München
Eberz studiert an den Kunstakademien von München, Düsseldorf und Karlsruhe, bevor er 1907 als Meisterschüler zu Adolf Hölzel nach Stuttgart wechselt. Mit Max Beckmann und Ludwig Meidner zählt er 1919 zu den ersten Mitgliedern der Darmstädter Sezession, die sich gegen ein veraltetes Kunstverständnis wendet und als politische Plattform versteht. Ab 1925 befasst sich Eberz verstärkt mit religiösen Themen und Motiven. Die Nationalsozialisten belegen Eberz nach 1933 mit einem Ausstellungsverbot und verfemen seine Kunst als „entartet“. Er verstirbt 1942 unerwartet in München.
Heinrich Campendonk
Krefeld 1889–1957 Amsterdam
Campendonk studiert von 1905 bis 1909 an der Kunstgewerbeschule in Krefeld. Hier freundet er sich mit Helmuth Macke an, der den Kontakt zu seinem Vetter August Macke herstellt. Campendonk zieht 1911 in das oberbayerische Dorf Sindelsdorf und wird Mitglied der Neuen Künstlervereinigung in München. 1911 und 1912 nimmt er an den Ausstellungen des Blauen Reiters teil und wird Mitglied. Die Künstlerfreunde Franz Marc und Wassily Kandinsky prägen sein Schaffen. 1913 beteiligt er sich in Berlin am Ersten Deutschen Herbstsalon und an der Ausstellung Rheinische Expressionisten in Bonn. Nach zweijährigem Kriegsdienst von 1914 bis 1916 erfolgt die Entlassung wegen Krankheit. Er zieht nach Seeshaupt am Starnberger See und ist von 1919 bis 1921 Mitglied des Arbeitsrates für Kunst. Zwischen 1923 und 1933 lebt er im Rheinland. Er wird 1923 in Essen Lehrer an der Kunstgewerbeschule. 1926 folgt er einem Ruf der Kunstakademie Düsseldorf, wird aber von den Nationalsozialisten 1933 wieder entlassen. Er tritt 1935 eine Stelle an der Amsterdamer Rijksakademie an. Während seine Werke in Deutschland als „entartet“ diffamiert werden, erhält er 1937 auf der Pariser Weltausstellung den Grand Prix für die Niederlande.
August Gaul
Großauheim 1869–1921 Berlin
Seine künstlerische Laufbahn startet August Gaul zwischen 1882 und 1888 mit einer Ausbildung zum Ziseleur, einer Technik des Bronzehandwerks, an der Königlichen Zeichenakademie Hanau. Danach geht er nach Berlin und studiert an der Kunstgewerbeschule und an der Kunstakademie. Ab 1891 beschäftigt er sich vor allem mit Tierbildhauerei: Er konzipiert das Tiermotiv als autonomes Kunstwerk der Moderne. 1898 ist Gaul Gründungsmitglied der Berliner Secession, ab 1902 in deren Vorstand tätig. Zwei Jahre später folgt seine Aufnahme in die Preußische Akademie der Künste. Er nimmt an nationalen und internationalen
Ausstellungen teil. Erste Tierplastiken, vor allem für Brunnen, werden im öffentlichen Raum aufgestellt. Eine enge Zusammenarbeit besteht u.a. mit dem Berliner Galeristen Paul Cassirer. Höhepunkte seiner Anerkennung sind 1919 die Berufung in die Ankaufskommission der Berliner Nationalgalerie und die Ernennung zum Senator der Akademie der Künste kurz vor seinem Tod 1921.
Erich Heckel
Döbeln 1883–1970 Radolfzell am Bodensee
Ab 1904 studiert Erich Heckel mit seinem Schulfreund Karl Schmidt-Rottluff an der TH Dresden Architektur. Hier begegnet er Ernst Ludwig Kirchner und Fritz Bleyl. 1905 erfolgt die gemeinsame Gründung der Künstlergruppe Brücke in Dresden. Im Sommer 1907 fährt er erstmals mit Schmidt-Rottluff nach Dangast. 1909 reist er nach Italien. Danach verbringt er den Sommer mit Kirchner und Pechstein an den Moritzburger Seen. Ende 1911 zieht Heckel gemeinsam mit der Tänzerin Sidi Riha nach Berlin. Er sucht Kontakte zu anderen Kunstschaffenden, aber auch Publizisten und Museumsdirektoren. 1913 findet die erste Einzelausstellung von Werken Heckels in der Berliner Galerie Fritz Gurlitt statt. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs ist er von 1915 bis 1918 als freiwilliger Sanitäter in Flandern stationiert. Kurz nach Kriegsende kauft die Neue Nationalgalerie in Berlin zwei Gemälde Heckels für die neugegründete Abteilung der Moderne. Unter dem NS Regime ab 1933 wird er als „entartet“ diffamiert. 1937 werden mehrere Werke Heckels auf der Feme-Ausstellung Entartete Kunst gezeigt, hunderte Bilder werden beschlagnahmt. 1944 erfolgt der Umzug an den Bodensee. Zwischen 1949 und 1955 lehrt er an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe.
Franz Heckendorf
Berlin 1888–1962 München
Franz Heckendorf studiert ab 1905 in Berlin an der Kunstgewerbeschule, dann an der Kunstakademie. Der Unterricht bei Lovis Corinth begeistert ihn, und er wendet sich dem Impressionismus zu. Bei Ausbruch des Krieges 1914 geht er als Kampfflieger an die Front. Seine Kriegserlebnisse verarbeitet Heckendorf künstlerisch expressiv. Er wird zum gefeierten Künstler der Weimarer Republik. In der NS-Zeit wird seine Kunst als „entartet“ diffamiert. Weil er mehrfach jüdischen Menschen zur Flucht aus Deutschland verhilft, wird er 1943 verhaftet und entgeht nur knapp der Todesstrafe. Heckendorf wirkt nach 1945 erst an der Akademie der Bildenden Künste Wien, später u.a. in Salzburg.
Emanuel Hegenbarth
Böhmisch Kamnitz 1868–1923 Dresden
Nach einigen Jahren des Wechsels zwischen künstlerischer und kaufmännischer Ausbildung entscheidet sich Hegenbarth 1892 für die Kunst. Er studiert an den Akademien in Berlin und München. Im Wintersemester 1895/96 tritt er in die Tiermalklasse von Heinrich Zügel ein. 1896 beteiligt er sich erstmals an der Prager Kunstausstellung. 1901 tritt er dem Wiener Künstlerbund Hagen bei. 1903 erhält Hegenbarth einen Ruf an die Kgl. Sächsische Akademie der Bildenden Künste in Dresden, um die Tiermalklasse zu leiten. Er gilt als Impressionist, doch gegen Ende seines Lebens nehmen die Einflüsse des Expressionismus auf sein Werk zu.
Thomas Herbst
Hamburg 1848–1915 Hamburg
Thomas Herbst besucht 1865 zunächst das Städelsche Kunstinstitut in Frankfurt am Main und wechselt 1866 an die Berliner Akademie der Künste. Ab 1868 studiert er gemeinsam mit Max Liebermann in Weimar. Er reist nach Holland und Paris und lebt in München, bevor er 1884 in Hamburg als Zeichenlehrer an der Gewerbeschule für Frauen arbeitet. Er hält den Kontakt zu verschiedenen Künstlergruppen seiner Zeit und ist 1897 Gründungsmitglied des Hamburgischen Künstlerklubs. Herbst entwickelt sich zu einem der führenden norddeutschen Impressionisten. Wegen seiner Vorliebe für die Darstellung von Kühen erhält er den Beinamen „Kuhherbst“.
Wilhelm Kohlhoff
Berlin 1893–1971 Schweinfurt
Wilhelm Kohlhoff beginnt 1909 eine Lehre an der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin. Zeichnen und Malen erlernt er als Autodidakt. Schon 1914 wird erstmals eines seiner Gemälde auf der Großen Berliner Kunstausstellung gezeigt. Es folgen Beteiligungen an Ausstellungen der Freien und der Berliner Secession. Mit Franz Heckendorf und anderen gründet er 1918 eine Kunstschule. 1919 erhält Kohlhoff für ein Selbstbildnis den Großen Preußischen Staatspreis. Obwohl den Nationalsozialisten Kohlhoffs frühere Werke als „entartet“ gelten, wird er ab 1939 als „Kriegsmaler“ eingesetzt. Nach Kriegsende lebt er in Hof.
Ernst Ludwig Kirchner
Aschaffenburg 1880–1938 Frauenkirch-Wildboden/Davos
Die ersten Kindheitsjahre verbringt Kirchner in Aschaffenburg, wo sein Vater als Ingenieur in der Papierindustrie tätig ist. Weitere Stationen der Familie sind Frankfurt, Perlen bei Luzern und Chemnitz. Ab 1901 studiert Kirchner an der TH Dresden Architektur und beendet es 1905 mit einem Diplom. Er gründet zusammen mit Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff die Brücke. Im gemeinsamen Atelier oder in der Natur entwickeln die Brücke-Künstler ihren Malstil weiter und führen die Kunst des Holzschnitts zu einer neuen Blüte. Kirchner zieht 1911 nach Berlin, wo er seine Lebenspartnerin Erna Schilling kennenlernt. 1913 verfasst er die Chronik der KG Brücke. Sein hier formulierter Führungsanspruch führt zum Zerwürfnis und schließlich zur Auflösung der Gruppe. Er meldet sich 1915 zum Militär, erleidet aber bald darauf einen psychischen Zusammenbruch. Nach Aufenthalten in verschiedenen Sanatorien lässt er sich 1918 dauerhaft in Davos nieder. Unter dem NS-System gilt seine Kunst als „entartet“. 639 seiner Werke werden aus deutschen Museen entfernt, 32 in der Ausstellung Entartete Kunst diffamiert. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 stürzt er erneut in eine tiefe Krise. Am 15. Juni 1938 erschießt er sich. Über den Tathergang gibt es in jüngster Zeit Zweifel.
Max Liebermann
Berlin 1847–1935 Berlin
1869 beginnt Liebermann das Studium an der Kunstschule in Weimar. 1873 zieht er nach Paris und verbringt die Sommer der folgenden Jahre oft in den Niederlanden. Stößt seine Kunst bei den konservativen Zeitgenossen zunächst auf Unverständnis, feiert er doch bald große Erfolge. 1897 wird er Professor an der Königlichen Akademie der Künste in Berlin. Den konservativen Akademismus seiner Zeit kritisiert er und wird 1898 Mitgründer und Präsident der Berliner Secession. 1920 bis 1932 ist er Präsident, danach Ehrenpräsident der Preußischen Akademie der Künste. Seine Funktionen und die Mitgliedschaft legt er 1933 angesichts der NS-Gleichschaltungspolitik und der Diffamierungen wegen seiner jüdischen Herkunft nieder.
Ewald Mataré
Burtscheid 1887–1965 Büderich
1907 beginnt Ewald Mataré das Studium an der Kunstakademie in Berlin, wo er ab 1914 die Klasse von Lovis Corinth besucht, dessen impressionistischer Stil ihm aber nicht zusagt. Nach Kriegsende 1918 tritt er in Berlin der revolutionären Novembergruppe bei. In den 1920ern wendet er sich der Bildhauerei und der Druckgrafik zu. 1930 hat er seine erste Einzelausstellung in Berlin. 1932 nimmt er eine Professur an der Düsseldorfer Kunstakademie an. 1933, nach seiner Entlassung durch die Nationalsozialisten, zieht er sich in die „Innere Emigration“ zurück. 1946 übernimmt er bis zu seiner Emeritierung 1957 die Bildhauerklasse an der Kunstakademie in Düsseldorf.
August Macke
Meschede/Sauerland 1887–1914 bei Perthes-lès-Hurlus (Champagne)
August Macke studiert ab 1904 an der Kunstakademie und der Kunstgewerbeschule in Düsseldorf. Anschließend besucht er die Malschule von Lovis Corinth in Berlin. Auf Reisen nach Paris beeinflussen ihn die Werke der Impressionisten und der Fauves. 1909 zieht er mit seiner Ehefrau nach Bayern an den Tegernsee. Er lernt Franz Marc kennen, mit dem ihn bald eine enge Freundschaft verbindet. Im selben Jahr nimmt er an der zweiten Ausstellung der Neuen Künstlervereinigung München unter Leitung von Wassily Kandinsky teil. 1910 zieht Macke nach Bonn, bleibt den Münchner Künstlerfreunden jedoch eng verbunden und nimmt 1911 an der ersten Ausstellung des Blauen Reiters teil. 1912 wird er Mitglied im Arbeitsausschuss für die Sonderbund-Ausstellung in Köln. 1913 initiiert er die Ausstellung Rheinische Expressionisten in Bonn. 1912 reist Macke erneut nach Paris, wo er Sonia und Robert Delaunay besucht, deren Kunstauffassung er teilt. Er zieht nach Hilterfingen an den Thunersee in die Nähe von Paul Klee, mit dem er 1914 zur legendären Tunisreise aufbricht. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs wird er einberufen – er ist ausgebildeter Reservist. Nur sieben Wochen später stirbt Macke im Schützengraben.
Franz Marc
München 1880–1916 Braquis bei Verdun
1899 schreibt Marc sich zunächst an der Philosophischen Fakultät der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität, ab 1900 studiert er Malerei an der Kunstakademie. Enttäuscht vom akademischen Unterricht bricht er das Studium jedoch 1902 ab. Früh befasst er sich bevorzugt mit Tierdarstellungen. Bei Reisen nach Paris 1903 und 1907 sieht er erstmals Werke von Paul Gauguin und Vincent van Gogh. 1910 lernt Marc August Macke kennen, bald darauf auch Alexej von Jawlensky, Marianne von Werefkin, Wassily Kandinsky und Gabriele Münter. Gemeinsam gründen sie 1911 die Künstlergruppe Der Blaue Reiter und treten zugleich aus der Neuen Künstlervereinigung München aus. Mit Kandinsky organisiert Marc 1911/1912 erste Ausstellungen des Blauen Reiters in München und veröffentlicht einen Almanach, der den Namen der Gruppe trägt. Marc besucht die Brücke-Künstler in Berlin und reist 1912 mit Macke nach Paris zu Sonia und Robert Delaunay. Bevorzugtes Sujet bleiben ihm die Tierdarstellungen, die er zunehmend stilisiert. Marcs Leben und seine Kunst nehmen früh ein tragisches Ende: Zu Beginn des Ersten Weltkriegs meldet er sich freiwillig zum Militärdienst. 1916 wird er in der Schlacht bei Verdun getötet.
Emy Roeder
Würzburg 1890–1971 Mainz
Ab 1908 nimmt Emilie Julie Sofie Roeder, genannt Emy, Unterricht in der Zeichen- und Bildhauerklasse des Polytechnischen Zentralvereins in Würzburg. Anschließend wird sie Schülerin von Hans Schwegerle in München und von Bernhard Hoetger in Darmstadt. Eine deutsche Kunstakademie darf sie als Frau nicht besuchen. Ihren Plan, in Paris zu studieren, verhindert der Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Sie geht stattdessen nach Berlin, wo sie mit der Berliner Secession und der Freien Secession ausstellt. 1919 beteiligt sie sich an der Ausstellung der Novembergruppe. In den 1920er Jahren wendet Roeder sich stärker der Zeichnung zu. Sie tritt dem Verein der Berliner Künstlerinnen und anderen Gruppierungen bei. Museen wie die Neue Nationalgalerie kaufen ihre Werke. 1936 erhält sie ein Stipendium für einen längeren Aufenthalt in Florenz. Als ihre Werke 1937 als „entartet“ diffamiert und aus Museen entfernt werden, beschließt sie, in Italien zu bleiben. Erst 1949 kehrt sie dauerhaft nach Deutschland zurück. Roeder entwickelt konsequent ihre eigene figürliche Bildsprache, die sie im Laufe der Zeit immer weiter stilisiert.
Karl Schmidt-Rottluff
Rottluff 1884–1976 Berlin
Wie sein Schulfreund Erich Heckel nimmt Karl Schmidt nach dem Abitur das Studium der Architektur in Dresden auf, wo er Fritz Bleyl und Ernst Ludwig Kirchner trifft. Nach der gemeinsamen Gründung der Künstlergruppe Brücke (1905) nennt sich Karl Schmidt nach seinem Geburtsort auch Rottluff. Zwischen 1907 und 1912 reist er regelmäßig nach Dangast an der Nordsee. Hier findet er Motive für zahlreiche Landschaftsgemälde. 1911 zieht er nach Berlin. Schmidt-Rottluff beteiligt sich 1910 an Ausstellungen der Neuen Secession in Berlin und 1912 an einer Ausstellung des Blauen Reiters in München. Nach der Auflösung der Künstlergruppe Brücke wird er 1914 Mitglied der Neuen Secession. Er nimmt als Armierungssoldat am Ersten Weltkrieg teil und kehrt 1918 nach Berlin zurück. Sein Erfolg nimmt zu, große Museen kaufen seine Bilder. 1931 wird er Mitglied der Preußischen Akademie der Künste, aber 1933 nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wieder ausgeschlossen. 608 seiner Werke werden aus deutschen Museen entfernt, mehrere davon 1937 in der Ausstellung Entartete Kunst diffamiert. 1941 erhält er Malverbot. 1943 zieht sich Schmidt-Rottluff in seinen Geburtsort nahe Chemnitz zurück. 1947 nimmt er eine Professur an der Berliner Hochschule für Bildende Künste an, wo er bis 1954 lehrt.
Richard Scheibe
Chemnitz 1879–1964 Berlin
Scheibe studiert zunächst Malerei, von 1896 bis 1899 an der Kunstakademie in Dresden, und später in München. Auf einer Studienreise nach Italien lernt er Georg Kolbe kennen. Gegenseitig bestärken sie sich in der Hinwendung zur Bildhauerei. Scheibes zentrales Thema ist dabei anfangs die Tierwelt, später befasst er sich mit der menschlichen Gestalt. 1914 wird er Mitglied der Berliner Secession. 1925 wird er Professor an der Frankfurter Städelschule. 1933 verliert er nach der NS Machtübernahme das Lehramt, wird aber 1934 wieder eingestellt. NS-Größen kaufen seine Werke. Auch nach 1945 ist Scheibes Kunst anerkannt und erfolgreich.
Max Slevogt
Landshut 1868–1932 Neukastel (Pfalz)
Ab 1884/85 studiert Slevogt in München an der Akademie der Bildenden Künste, ab 1889 an der Académie Julian in Paris. Er lehnt die konservativen akademischen Traditionen ab und sucht neue Wege, die er im französischen Impressionismus findet: Die Farben werden heller, der Pinselduktus wird flüchtiger und pastoser. 1901 zieht Slevogt gemeinsam mit Lovis Corinth nach Berlin, wo er mit seiner Kunst mehr Erfolg hat. Hier wird er festes Mitglied der Berliner Secession und bald in den Vorstand gewählt. 1913 ist er Mitbegründer der Freien Secession. Während des Ersten Weltkriegs muss er als „Kriegsmaler“ an die Westfront. Er kehrt erschüttert zurück und verarbeitet die Erfahrungen in visionären Bildern.
Begleitprogramm
„Vier Hufe machen noch keinen Gaul“
Vortrag: Richard Schaffer-Hartmann, ehemaliger Leiter der Museen der Stadt Hanau
Bild-Vortrag über das Leben und das bildhauerische Werk von August Gaul, dem ersten Bildhauer der klassischen Moderne im Deutschen Kaiserreich. Von der Großplastik über die Brunnengestaltungen bis hin zur Kleinplastik reichen seine Darstellungen der Tierwelt.
Der Eintritt ist frei.
ORTSWECHSEL – Die Kunst des (Farb-)Holzschnitts
mit Frank Eißner, freischaffender Künstler, Aschaffenburg
Der Holzschnitt gehört zu den ältesten Drucktechniken, um eine Bildvorstellung festzuhalten, künstlerisch zu gestalten und zu vervielfältigen. Frank Eißner befasst sich seit seinem Studium an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst intensiv mit dem mehrfarbigen Holzschnitt nach der verlorenen Form. Er führt in die Kunst des Holzschneidens ein und demonstriert, wie aus einer Holzplatte ein Druckstock entsteht, und damit auf der Druckpresse ein Tierbild gedruckt wird, das von den Teilnehmern erworben werden kann.
ACHTUNG: Der Termin geplant und angekündigt für den 4.11. muss wegen Terminproblemen auf den 18.11. (gleicher Ort, gleiche Zeit, Café Krem, 18:00) verlegt werden
Nur mit Anmeldung (max. 20 Pers.)! Teilnahmegebühr: 20 E
ORTSWECHSEL – „Franz Marc – Der letzte Ritt des blauen Reiters“
Dokumentarfilm von Hedwig Schmutte, 2015
Begrüßung und Einführung: Dr. Brigitte Schad, Leiterin des Kirchnerhaus Museums Aschaffenburg
Franz Marc ist ein Mythos. Er malte blaue Pferde, rote Rehe und gelbe Kühe – und schuf damit Anfang des 20. Jahrhunderts eines der populärsten Werke der modernen Kunst. Weit weniger bekannt sind die Umstände, unter denen er als Soldat im Ersten Weltkrieg seinen Tod fand.
Ticket: 12 E, Vorverkauf im Kirchnerhaus Museum
Von Kühen im Stall zum Turm der Rinder:
Anton Bruder (1898–1983) und die „Kunst des Weglassens“
Vortrag: Silvia Wolf-Möhn, Kunsthistorikerin, Aschaffenburg
Das Tierbild im Werk von Anton Bruder nahm 1919 in der Tiermalklasse von Emanuel Hegenbarth an der Dresdner Kunstakademie seinen Anfang. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte er in Aschaffenburg daran anknüpfen. In Auseinandersetzung mit dem Expressionismus näherte er sich künstlerisch dem Wesen von Rindern und Pferden, Vögeln und Fischen oder auch Großkatzen und Affen. „Ich versuche mich in die Gestalt eines Gibbonaffen zu versetzen“, schrieb er 1977 an die befreundete Künstlerin Gabriele Waldert, „denn schließlich ist alle Kreatur miteinander verwandt.“
Der Eintritt ist frei.
TIERISCH NAH DRAN
Unter dem Motto „LOOK WHAT I DO“ fördert die Künstler*innen Initiative, bestehend aus Susanne Klotz, Ralf Münz, Dieter Wolthoff und Günther Brehm, junge Menschen in der kreativen Auseinandersetzung mit moderner Kunst. Schon seit einiger Zeit beschäftigen sich die Kinder und Jugendlichen intensiv mit E. L. Kirchner und seinen Werken. Im Rahmen der Ausstellung „Das Tier in der Kunst des Expressionismus“ entstehen neue Arbeiten, die zusammen mit schon existierenden Bildern über Kirchner im Kirchnerhaus Museum präsentiert werden.
Geöffnet: Di.–Sa.: 14:00–17:00 Uhr, So.: 11:00–17:00 Uhr
Der Eintritt ist frei.